41 Schülerinnen und Schüler aus dem Jahrgang 9 und 10 der Heinrich-Böll-Schule Rodgau nahmen an einer fünftägigen freiwilligen Studienfahrt nach Polen teil. Gemeinsam mit den Lehrkräften Alexandra Kneisel, Mercan Öztürk und Andreas Winterhalder besuchten sie das ehemalige Konzentrations-und Vernichtungslager Auschwitz, die von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichnete Friedenskirche in Schweidnitz, die Altstadt von Breslau (poln. Wroclaw), das Schloss Fürstenstein in Waldenburg, sowie auf der Rückfahrt die Altstadt von Dresden mit der symbolträchtigen Frauenkirche.
Die Gruppe wohnte in der Internationalen Begegnungsstätte in Kreisau (poln. Krzyzowa). Der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl und der polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki nahmen dort am 12. November 1989 an der historischen „Versöhnungsmesse“ (Msza pojednania) teil und umarmten sich symbolisch als Zeichen für die deutsch-polnische Versöhnung. Die Begegnungsstätte befindet sich auf dem ehemaligen Hofgut der Familie von Moltke. Der letzte deutsche Besitzer, Helmuth James von Moltke (1907-1945) war Jurist, Mitbegründer (gemeinsam mit Peter Yorck von Wartenburg) und informeller Kopf einer Gruppe von Gegnern des Nationalsozialismus, die später von der Gestapo „Kreisauer Kreis“ genannt wurde.
In der Nazidiktatur von 1933-1945 war es lebensgefährlich sich für bestimmte Mitmenschen, die von den nationalsozialistischen Machthabern als Gegner oder sogar als lebensunwürdig erachtet wurden, zu engagieren. Was können wir, die zum Glück nicht mehr in einer Diktatur leben, heute für eine bessere Welt tun? Die Teilnehmer der Polenfahrt haben sich dafür entschieden, die Arbeit von UNICEF (Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen) in Äthiopien mit einer Spende in Höhe von 250 Euro zu unterstützen.
Auch die sportlichen Aktivitäten kamen nicht zu kurz. So fand wie schon im Vorjahr ein Freundschaftsspiel zwischen Schülern der HBS, dem Erich Kästner Gymnasium Laatzen und polnischen Schülern aus Klodowa statt.
Die Heinrich-Böll-Schle Rodgau führt seit 2015 regelmäßig Studienfahrten nach Polen durch, damit die Schüler sich an Originalschauplätzen über Verfolgung und Widerstand ein eigenes Bild machen können. Hierbei kommt es auch immer wieder zu Begegnungen zwischen deutschen und polnischen Schülern. Die Fahrten werden stets von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung finanziell unterstützt.
Im Folgenden einige Schüleraussagen zum Besuch in Auschwitz:
David Cakici: Warum haben so wenige Deutsche (Soldaten) sich dagegen gewehrt? Hatten die Soldaten ein schlechtes Gewissen?
Dieter Ströhl: Ich wusste schon früher, wie schlimm es in Auschwitz war, aber als ich wirklich da stand, wo über eine Million Menschen zu Tode kamen, das war ein komisches Gefühl. Diese Haare zu sehen, diese Bilder in dem Raum von den Kindern dieser Zeit oder in der Gaskammer zu stehen, wo viele Menschen getötet worden, war schlimm.
Tara-Mellina Heise: Geschichte ist wichtig zu erzählen, sonst wiederholt sie sich. Mann kann Geschehenes nicht rückgängig machen. Umso wichtiger ist es, dass wir die Vergangenheit kennen und daraus lernen, damit sich so ein Ereignis nicht wiederholt.
Laura Okon: Es ist einfach nur ekelhaft, wie konnte man sowas akzeptieren und wer hat sich das ausgedacht? Einfach nur krank.
Amelie Dochow: Hatten die Täter kein schlechtes Gewissen?
Jannis Kindich: Weshalb macht man sowas?
Luka Vlajic: Es war traurig und interessant. Bedrückende Stimmung.
Melissa Müller: Konnte es nicht realisieren, dass ich dort stehe, wo Menschen umgebracht wurden, die nichts getan haben.
Elea Möser: Das erste Mal, wo ich einen Realisationsmoment/schock hatte, war, als wir in dem Raum mit den Haaren gekommen sind.
Finja Plathow: Ich bin schon mit einer Grundhaltung nach Auschwitz gefahren, ich wollte es auf keinen Fall zu sehr an mich ranlassen. Als ich die ganzen Zahlen und Bilder gesehen hatte, war ich geschockt. Ich frage mich, ob einer von ihnen ein Verwandter oder Freund der Familie war. Der Ort hat mir ein Schauder über den Rücken laufen lassen.
Lilla Fedor: Wir sind ja auch in die Blocks gegangen und dort war die Stimmung sehr schwer festzustellen. Man konnte sehen, dass Leute, die sich meist über sowas lustig machen, sich sehr schlecht gefühlt haben.
Pauline Timm: Ich fand diesen Besuch schon echt krass. Die Stimmung ging direkt runter bei allen und jeder war sich, glaube ich, bewusst, was das für ein ernstes Thema ist.
Jasmin Fritz: Warum hat die große Menschenmasse keinen Aufstand dagegen geführt?
David Rothkugel: In dem Lager wurden den Gefangenen die Menschlichkeit genommen.
Deniz Yesildag: Die Schuhe, die Haare, einfach alles zeigt, wie grausam dieser Ort ist, eher gesagt, wie grausam die Nazis waren. Das war eine Erfahrung, die man sein Leben nicht vergessen wird.
Finn Bülow: Ich kann nur hoffen, dass Wege gefunden werden, auch in Zukunft die Gedenkstätte zu erhalten.
Bild: HBS-Schüler auf der Dauerausstellung : „Mut und Versöhnung“ in Kreisau/ Polen
Text und Bild: A.Winterhalder (24.06.2023)